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Beben an der OLED-Front

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Merck macht mit Epson gemeinsame Sache bei druckbaren organischen Leuchtdioden. Der Flüssigkristallgigant aus Deutschland verbindet damit die Hoffnung, auch bei der nächsten Displaytechnik wieder groß mitzumischen. Auch wenn unklar ist, wann die sich durchsetzt.

Einige Revolutionen brauchen einfach länger. Und die OLED-Displays gehören zu diesen Revolutionen, die seit Jahren kurz bevorsteht: Sie sind superbrillant, superdünn, je nach Herstellungsweise superbiegsam – aber auch immer noch superteuer. Doch nun geht es wohl bald wirklich los, was man schon daran sehen kann, dass sich die Hersteller der Grundbausteine der Technik ernsthaft in Stellung bringen, um von Anfang an den noch kleinen Markt zu beherrschen.

Und ganz vorne dabei ist Merck aus Deutschland. Am Mittwoch hat der Flüssigkristallgigant in Tokio eine OLED-Allianz mit dem Drucktechnikhersteller Seiko Epson verkündet, die Merck-Chef Karl-Ludwig Kley in den höchsten Tönen lobte: "Das ist eine Kooperation, die ich für ganz fantastisch halte. Das ist für uns im OLED-Geschäft ein absoluter Durchbruch."

Den Überschwang halte ich für – um in seinem Duktus zu bleiben – absolut verständlich. Denn Merck hat sich von Epson die Tintentechnologie gesichert, die für die großindustriellen Druckverfahren für OLED-Bildschirme benötigt werden. Damit hoffen die Darmstädter natürlich, im besten Fall eine ebenso dominante Position zu erobern wie bei Flüssigkristallen. Da haben sie einen Weltmarktanteil von rund 60 Prozent.

Das Problem: Derzeit dampfen Firmen wie Samsung die OLEDs noch immer unter Vakuum auf die Oberflächen auf. Das funktioniert zwar sehr gut bei kleineren Displays und ermöglicht auch kontrolliert mehrere Schichten. Das Problem: Das Verfahren ist laut einer Studie von DisplaySearch bis zu zehnmal teurer als die Produktion von Flüssigkristallbildschirmen (LCDs). Und bei großen Bilddiagonalen wie für die demnächst geplanten 55-Zoll-OLED-Fernseher funktioniert es eben nicht mehr gut. Hartnäckig halten sich daher Gerüchte, dass die Koreaner wegen niedriger Produktionsausbeute ihren vollmundig für Ende des Jahres angekündigten Verkaufsstart von großen OLED-TVs nicht einhalten können.

So schön ich die OLED-Displays auch finde – mir ist schon länger klar, dass sie es schwer haben gegen LCDs. LCDs ermöglichen derzeit noch eine höhere Auflösung, sind länger farbecht und dazu heute noch deutlich billiger. Und dass die OLED-Bildschirme nur drei Millimeter dünn sind und nicht nur einen oder weniger Zentimeter wie ein moderner LCD, ist nun auch kein solcher Quantensprung mehr wie seinerzeit von der voluminösen Flimmerkiste zum LCD-Fernseher.

Also: Um die Schirme wettbewerbsfähig produzieren zu können, braucht es eben die Drucktechnik. Am besten den Rollendruck. Basta! Doch bis der kommt, vergeht noch Zeit. Merck-Chef Kley rechnet damit, dass die Partner wohl noch zwei bis drei Jahre brauchen werden, um ihre OLED-Tinte massenproduktionstauglich ausentwickelt zu haben. Er sei sicher, dass OLEDs kommen werden, sagte Kley. Nur eben erst so richtig zum Ende des Jahrzehnts. LCDs haben daher noch für eine Dekade ein gutes Leben vor sich, meint der deutsche Boss.

Dies zeigt sich auch beim neuen iPhone und dem iPad. Samsung sammelt zwar vielleicht bei Techno-Geeks für seine OLED-Bildschirme Punkte. Aber deren Einsatz ist wohl auch ein Marketing-Trick, um Apple technisch alt aussehen zu lassen. Denn von der Auflösung und den Kosten halten Samsungs Produkte mit den neuesten "Retina"-Displays der Apfelfirma nicht mit. Und so richtig viel dünner sind OLED-Handys auch nicht. Denn erstens specken auch die LCD-Hersteller ihre Displays ab, zweitens ist das Display nur ein Teil eines Handys.

Dennoch finde ich es lobenswert, dass Samsung es anders macht. Und die Koreaner erhalten sich damit auch noch eine echte Chance, technisch mal so richtig auf den Putz zu hauen. Sie bräuchten beispielsweise nur das erste Großserien-Handy mit biegbarem Farbdisplay auf den Markt zu bringen, über das schon lange spekuliert wird. Doch vielleicht versagt diese Idee genauso wie große OLED-TVs vor der hohen Hürde der wettbewerbsfähigen Massenproduktion.

via 25.10.12 | Beben an der OLED-Front | Technology Review.


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